Das Hören nimmt in der alltäglichen Kommunikation circa 45% aller kommunikativen Handlungen ein. Im Gegensatz zum Lesen, Schreiben und Sprechen kann es oft schwierig sein etwas richtig zu verstehen, da beispielsweise das Tempo nicht selbst bestimmt werden kann. Aus diesem Grund besitzt das Hörverstehen im Fremdsprachenunterricht einen hohen Stellenwert.
Oft wird die Frage diskutiert wie authentisch Hörtexte im Unterricht sein müssen. Oder ob nicht-authentische Hörtexte, wie didaktische oder didaktisierte, ausreichen.
Argumente für authentische Hörtexte
Authentische Texte sollten bereits auf A1-Niveau im Unterricht verwendet werden, damit die Lernenden möglichst früh mit den Merkmalen der gesprochenen Sprache in Kontakt kommen. Bei konstruierten Texten fehlen oft pragmatische Informationen.
Hinzukommt, dass Lernende durch authentische Hörtexte eine Sensibilität für die Sprache entwickeln können. Auf diese Art und Weise bekommen sie ein Gefühl für den Rhythmus der Sprache und die Position der Wörter im Satz.
Bei didaktisierten Texten besteht außerdem die Gefahr, dass gewisse Sprachformen aufgrund ihrer Schwierigkeiten außer Acht gelassen werden. Eine Folge davon kann die Verfälschung des authentischen Sprachgebrauchs sein, da einige Sprachformen in der alltäglichen Kommunikation von großer Bedeutung sein können.
Eine große Künstlichkeit von nicht-authentischen Texten kann außerdem zu einem Desinteresse und zur Demotivation der Lerner führen. Es kann passieren, dass Lerner keine Strategien im Umgang mit Sprache entwickeln und bei der Kommunikation mit Muttersprachlern Verständnisprobleme haben können. Fehlende Motivation könnte im Unterricht zu einem Problem werden, sodass der Unterricht nicht mehr effektiv ist, da Motivation ein entscheidender Faktor für einen erfolgreichen Unterricht ist.
Neben einer positiven Grundhaltung gegenüber dem Erwerb einer Fremdsprache können Schüler durch den Einsatz authentischer Texte motiviert werden, die Sprache zu verwenden und mit ihr zu experimentieren. Zusätzlich können sich die Schüler auf diese Weise leichter an die Regeln der Sprache gewöhnen. Deshalb ist es wichtig bereits auf Anfängerniveau mit authentischen Hörtexten zu arbeiten.
Hervorzuheben ist, dass bei der Verwendung von didaktisierten Hörtexten im Unterricht die Schüler nicht auf Gesprächssituationen außerhalb des Klassenzimmers vorbereitet werden. Dies hat zur Folge, dass einige Sprecher keine Techniken für Situationen besitzen, in denen sie Aussagen des Gesprächspartners nicht verstanden haben. Denn oft passen Gesprächspartner außerhalb des Klassenzimmers Wörter oder Grammatikstrukturen nur gelegentlich dem Niveau des Schülers an.
Argumente gegen authentische Hörtexte
Gegen authentische Hörtexte spricht, dass, sobald die Personen wissen, dass sie aufgenommen werden es passieren kann, dass sie ihr Gesprächsverhalten ändern und damit Authentizität verloren geht. Außerdem können alltägliche Gespräche für den Schüler uninteressant sein und unter Umständen nicht zum Zuhören motivieren.
Hörtexte müssen außerdem nicht zwingend authentisch sein, da bei einigen authentischen Hörtexten das sprachliche Niveau zu hoch sein kann, sodass die Schüler Schwierigkeiten haben den Text zu verstehen. Ein weiteres Problem bei authentischen Hörtexten können sprachliche Eigenheiten der Sprecher sein beispielsweise ein Dialekt oder ein Akzent, der es für die Schüler schwieriger macht, den Hörtext zu verstehen.
Bei authentischen Texten ist die Hörsituation im Unterricht meist nicht authentisch. Deutlich wird dies am Beispiel einer Bahnhofsdurchsage wie beispielsweise „Auf Gleis 6 fährt ein der Intercity 739 aus Basel zu Weiterfahrt nach Köln über Frankfurt Flughafen, Mainz, Koblenz, Bonn.“ Würde eine Person am Bahnhof stehen, könnten Nebengeräusche und die Akustik das Verstehen der Durchsage erschweren. Die Person muss auch nicht den ganzen Inhalt der Durchsage erfassen, da die Gründe für den Aufenthalt am Bahnhof sehr unterschiedlich sein können. Ein Grund könnte sein, dass die Person nur jemanden vom Zug abholt. Ein anderer möglicher Grund ist, dass die Person selbst verreisen möchte. Die Person kann bereits anhand der Länge der Ansage und des Tonfalls erkennen, ob es eine Gleisänderung oder eine Verspätung des Zuges gibt. Ansonsten muss die Person keine weiteren Informationen der Durchsage verstehen als das Gleis und einen Städtenamen. Um die Hörsituation authentischer zu gestalten, sollte den Schülern gesagt werden, dass sie eine Bahnhofsansage hören werden. Zusätzlich könnten auch typische Bahnhofsgeräusche abgespielt, das Foto eines Bahnhofs gezeigt und Fragen zu den Geräuschen oder dem Foto gestellt werden. Für den Unterricht bedeutet dies, dass die Lehrkraft eine Hörverstehensaufgabe so vorbereiten muss, dass die Situation möglichst authentisch wird.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass trotz der verschiedenen Positionen zur Authentizität von Hörtexten eine gemeinsame Basis gefunden werden muss, damit die Lerner, auch anhand von Hörtexten, auf Situationen mit Sprachkontakt vorbereitet werden und sie nicht die Lust am Lernen der Fremdsprache verlieren.
Authentische Texte sollten bereits ab dem Anfängerniveau im Unterricht verwendet werden, da die Lernenden Techniken für Situationen mit Sprachkontakt erlernen sollten. Selbstverständlich können Situationen im Klassenzimmer nie den gleichen Grad an Authentizität wie Situationen im Alltag haben, deshalb sollte im Unterricht versucht werden authentische Situationen so gut wie möglich nachzustellen. Dies kann, wie bereits erwähnt, durch Fotos oder Geräusche geschehen.
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